Künftig muss die Schwerbehindertenvertretung (SBV) zuerst angehört werden. § 95 Abs. 2 SGB IX sagt jedoch nicht, in welcher Form.
Im Rahmen der Änderung des SGB IX 7.1.1.18 ist ein Teil des Gesetzes vorab zum 30.12.2016 in Kraft getreten. Nach § 95 Absatz 2 SGB IX ist künftig die Kündigung eines schwerbehinderten oder gleichgestellten Menschen ohne eine Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung (SBV) unwirksam.
Das Gesetz sagt nicht, wie die Beteiligung der SBV aussehen soll. Bisher hatte eine unverzügliche Information an die SBV ausgereicht, ein Unterlassen dieser Information war für den Arbeitgeber sanktionslos gewesen, das Integrationsamt konnte dennoch der beabsichtigten Kündigung des Schwerbehinderten zustimmen.
Nach der Änderung des Gesetzes ist die SBV bei jeder beabsichtigten Kündigung eines schwerbehinderten oder gleichgestellten Arbeitnehmers zu beteiligen, unabhängig davon, ob die 6-monatige Wartezeit erfüllt ist und unabhängig davon, ob die Zustimmung des Integrationsamts zur beabsichtigten Kündigung erforderlich ist.
Die SBV muss vom Arbeitgeber so informiert werden, dass sie prüfen kann, ob die Kündigung mit der Schwerbehinderung zusammenhängt. Genaue Vorgaben für die Beteiligung der SBV gibt das Gesetz nicht. Um jedem Risiko aus dem Weg zu gehen, sollte man die SBV so umfänglich informieren wie man den Betriebsrat im Rahmen der Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG informieren muss. Es ist davon auszugehen, dass die Grundsätze zur Betriebsratsanhörung auf die Anhörung bzw. Beteiligung der SBV analog übertragen werden.
Da zu diesem Thema noch keine Rechtsprechung vorhanden ist, kann nur vermutet werden, dass eine SBV-Beteiligung nur dann entbehrlich ist, wenn der Arbeitgeber die Schwerbehinderung nicht kannte und die Schwerbehinderung nicht offensichtlich war. Wenn der Schwerbehinderte jedoch dem Arbeitgeber innerhalb von 3 Wochen nach Ausspruch der Kündigung eine Information über die Schwerbehinderung gibt, muss die SBV beteiligt werden.
Des Weiteren dürfte die SBV-Beteiligung entbehrlich sein, wenn der Arbeitgeber nach Ablauf der 6-monatigen Wartefrist ausdrücklich den Arbeitnehmer nach einer Schwerbehinderung gefragt und der Arbeitnehmer diese Frage verneint hat. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer in einem späteren Kündigungsschutzprozess nicht rügen, dass eine SBV-Beteiligung vor Ausspruch der Kündigung nicht erfolgt sei.
Ein großes Manko des Gesetzes ist die fehlende Fristenregelung für die Stellungnahme der SBV, was zu erheblichem Problemen bei einer beabsichtigten fristlosen Kündigung führen könnte. Die SBV könnte durch eine verzögerte Stellungnahme die beabsichtigte Kündigung hinauszögern wollen.
Auch hier ist davon auszugehen, dass gegebenenfalls die gesetzlichen Regelungen zur Betriebsratsanhörung mit den Fristen zur Stellungnahme des Betriebsrats (3 Tage bei fristloser Kündigung, eine Woche bei fristgerechter Kündigung) analog angewendet werden.
Tipp: Sie sollten daher die SBV unter entsprechender Fristsetzung um eine abschließende Stellungnahme bitten.
Zu beachten ist die vom Gesetz vorgegebene zeitliche Reihenfolge für die SBV-Beteiligung. Zwingend vor Antragstellung beim Integrationsamt muss die SBV angehört werden, gleichzeitig kann auch der Betriebsrat angehört werden, allerdings darf der Betriebsrat oder das Integrationsamt nicht vor der SBV-Beteiligung eingeschaltet werden.
Diese Information ist klar aus dem Gesetzestext zu entnehmen und muss zwingend beachtet werden.
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