Anscheinsbeweis bei kurz nach Anzeige der Arbeitsunfähigkeit ausgesprochener Kündigung

Mit Urteil vom 06.02.2014 (5 Sa 324/14) bejaht das LAG Schleswig-Holstein den Anscheinsbeweis, dass der Arbeitgeber die Kündigung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 EFZG aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit ausgesprochen hat, wenn ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Anzeige der Arbeitsunfähigkeit und der nachfolgend ausgesprochenen Kündigung besteht. In diesem Fall hatte die Krankenkasse gegen den Arbeitgeber geklagt. Der Arbeitgeber hatte nur eine Woche nach Arbeitsaufnahme eine Arbeitnehmerin, die fortlaufend arbeitsunfähig erkrankt war, innerhalb der vereinbarten Probezeit gekündigt. Er verweigerte die Entgeltfortzahlung mit dem Argument, dass die Krankheit nach Eintritt innerhalb der ersten 4 Wochen aufgetreten sei. Die Gerichte gaben der Krankenkasse Recht, die aus übergegangenem Recht das an die Arbeitnehmerin für 40 Krankheitstage gezahlte Krankengeld einklagte. Der Anspruch sei gemäß § 115 Abs. 1 SGB X in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 EFZG begründet. Der Arbeitgeber sei zur Entgeltfortzahlung auch über den Beendigungszeitpunkt hinaus verpflichtet, da er aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit die Kündigung ausgesprochen habe. Es genüge dabei, wenn die Kündigung ihre objektive Ursache und wesentliche Bedingung in der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers habe und diese den entscheidenden Anstoß für den Kündigungsentschluss gebe. Eine Anlasskündigung sei insbesondere dann zu vermuten, wenn sie in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem zeitlichen Eintritt der Arbeitsunfähigkeit erfolge.

Fazit: Normalerweise entsteht nach § 3 Abs. 3 EFZG der 6-wöchige Entgeltfortzahlungsanspruch erst nach einer 4-wöchigen ununterbrochenen Dauer des Arbeitsverhältnisses. Die Begründung der Kündigung durch den Arbeitgeber hat dazu geführt, dass er nach nur einer 1-wöchigen Betriebszugehörigkeit die 6-wöchige Entgeltfortzahlungspflicht übernehmen musste. Keinesfalls darf also bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses innerhalb der ersten 4 Wochen als Begründung die Krankheit des Arbeitnehmers erklärt werden.

 

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir die männliche Form.
Wir meinen immer alle Geschlechter im Sinne der Gleichbehandlung.