Arbeitgeber können zum Zwecke der Neutralität religiöse Zeichen oder Kleidungsgegenstände verbieten. Hierbei gilt aber der Grundsatz: ganz oder gar nicht!

Am 15.07.2021 hat der EuGH entschieden, dass das Verbot des Tragens jeder sichtbaren Ausdrucksform politischer, weltanschaulicher oder religiöser Überzeugungen grundsätzlich gerechtfertigt sein kann. Hierzu muss aber das Bedürfnis des Arbeitgebers bestehen, gegenüber Kunden ein Bild der Neutralität zu vermitteln oder soziale Konflikte zu vermeiden.

Der EuGH stellt fest, dass das Verbot des Tragens sichtbarer religiöser, weltanschaulicher oder politischer Ausdrucksform eine mittelbare Ungleichbehandlung wegen der Religion oder Weltanschauung darstellt. An die Rechtfertigung dieser mittelbaren Diskriminierung sind beachtliche Anforderungen geknüpft: Das Verbot solcher Symbole bzw. die Verpflichtung zur Neutralität muss einem sog. „wirklichen Bedürfnis“ des Arbeitgebers entsprechen. Hierzu müssen Arbeitgeber nachweisen können, dass ohne diese Firmenpolitik die Neutralität der unternehmerischen Freiheit beeinträchtigt würde. Der Arbeitgeber muss also darlegen können, dass es angesichts der Art der Tätigkeit oder aufgrund des Umfelds, in dem diese Tätigkeit verrichtet wird, ohne eine solche Regelung nachteilige Konsequenzen für ihn bzw. das Unternehmen haben kann. Das wiederum können betriebliche Störungen oder wirtschaftliche Einbußen sein.

Dann dürfen aber überhaupt keine sichtbaren Beurkundungen politischer, weltanschaulicher oder religiöser Überzeugungen erlaubt sein, so der EuGH. Wer also das Kopftuch zum Zwecke der Neutralität verbieten will, muss konsequenter Weise auch die Kippa, den Rosenkranz oder sonstige religiöse Bekundungen verbieten und unterbinden. Gleiches gilt für Kleidungsstücke o. ä., die auf politische oder weltanschauliche Ansichten hindeuten. Sprich: ganz oder gar nicht!

Fazit: Eine Neutralitätspolitik ist in Unternehmen zwar grundsätzlich möglich. Dies ist jedoch nicht grundlos möglich und muss im Zuge einer konsequenten Neutralitätspolitik betrieben werden, von der nicht abgewichen werden darf.

 

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir die männliche Form.
Wir meinen immer alle Geschlechter im Sinne der Gleichbehandlung.