Die Arbeitgeber Baden-Württemberg stellen fest, dass Befristungen vor allem dort ein Problem sei, wo die Politik selbst als Arbeitgeber die Verantwortung trage.

Die Arbeitgeber Baden-Württemberg haben den sozialpolitischen Teil des Koalitionsvertrags von Union und SPD als „dunkelste Ecke“ dieser Vereinbarungen bezeichnet. „Der Koalitionsvertrag mag einzelne positive Aspekte aufweisen“, sagte Hauptgeschäftsführer Peer-Michael Dick in Stuttgart: „Aber in der Sozial- und Arbeitspolitik werden der Wirtschaft weitere Knüppel zwischen die Beine geworfen, anstatt sich um die wahren Probleme zu kümmern.“

Ganz besonders deutlich werde dies am Beispiel der sachgrundlosen Befristungen, deren Anzahl in den Betrieben beschränkt und deren Laufzeit verkürzt werden soll. „Tatsächlich sind Befristungen und Kettenbefristungen vor allem dort ein Problem, wo die Politik selbst als Arbeitgeber die Verantwortung trägt: im öffentlichen Bereich“, sagte Dick. So liege der Anteil der Befristungen in der Privatwirtschaft deutlich unter sieben Prozent, im Öffentlichen Dienst hingegen deutlich über zehn Prozent. Den Vogel schieße dabei der Wissenschaftsbereich mit mehr als 40 Prozent ab. Dort gönne sich die Politik als Arbeitgeber mit eigenen gesetzlichen Regeln die großzügige Ausnahme, befristete Arbeitsverträge mit der befristeten Finanzierung von Projekten begründen zu dürfen. „Diese Möglichkeit steht der privaten Wirtschaft nicht zur Verfügung“, sagte Dick: „Aber statt den eigenen Stall auszumisten, wird mit dem Finger auf die anderen gezeigt.“

Dabei schneide die Privatwirtschaft nicht nur bei der Zahl der befristeten Verträge deutlich besser ab. Auch bei der Dauer übertreffe der öffentliche Bereich mit durchschnittlich mehr als vier Jahren den privaten Sektor um mehr als das Doppelte. Zudem übernehmen private Unternehmen viel häufiger ihre befristeten Mitarbeiter in eine dauerhafte Anstellung. In Teilen der Wirtschaft liege dieser Anteil bei über 80 Prozent. „Die Politik müsste nur eines tun, um das öffentliche Empörungspotenzial bei Befristungen zu halbieren: die Regeln für die öffentlichen Bereiche auf das Maß zu stutzen, das heute in der Privatwirtschaft gilt“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Arbeitgeber: „Stattdessen drangsaliert sie nun auch private Unternehmen, die mit dem Instrument der sachgrundlosen Befristung bislang höchst verantwortungsvoll umgegangen sind.“

So gebe es beispielsweise zahlreiche Unternehmen, die bei guter Konjunktur aber doch unsicheren Aussichten Neueinstellungen zunächst befristet vornähmen. Wenn die gute Konjunktur dann aber anhalte, würden die befristeten Verträge nach ein bis zwei Jahren größtenteils in unbefristete umgewandelt. „So, wie die Geschäfte heute in vielen Bereichen laufen, sind das oftmals weit mehr als 2,5 Prozent aller Mitarbeiter, die die Politik künftig nur noch zulassen will“, sagte Dick: „Die geplante gesetzliche Regelung wird damit zu einem echten Verhinderungsgrund für Beschäftigungsaufbau.“ Abzusehen sei auch, dass immer mehr Unternehmen auf Alternativen wie die Zeitarbeit ausweichen würden: „Da ist der nächste Empörungsaufschrei doch schon programmiert. Es zeigt mal wieder, dass sich eine populistische Politik keine Gedanken über die langfristigen Auswirkungen ihrer Vorhaben macht.“

 

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