Eine Gesetzesänderung erfordert künftig die Verwendung des Begriffes „Textform“ statt „Schriftform“, da vertraglich vereinbarte Ausschlussfristen sonst unwirksam sind.

Ansprüche aus MiLoG ausnehmen

Ausschlussfristen dienen der raschen Klärung von Ansprüchen. In der Regel sind Ansprüche innerhalb von 3 Monaten nach Fälligkeit geltend zu machen (einstufige Ausschlussfrist), in unserem Tarifvertrag sind zweistufige Ausschlussfristen vereinbart, das heißt, nach der Ablehnung des Anspruchs muss dieser innerhalb von 3 Monaten gerichtlich geltend gemacht werden.

1. Bisher war es üblich, für die Geltendmachung der Ansprüche die Schriftform zu vereinbaren.

Künftig sind individuell vereinbarte Ausschlussklauseln, die vom Arbeitnehmer eine „schriftliche Geltendmachung“ seiner Ansprüche verlangen, unwirksam, da sie gegen § 309 Nr. 13 b BGB verstoßen, weil sie eine „strengere Form als die Textform“ vorschreiben.

§ 309 Nr. 13 BGB wurde gesetzlich neu geregelt, die Neufassung gilt seit dem 01.10.2016, wir hatten darüber in unserem arbeitsrechtlichen Rundschreiben 9/16 informiert.

Die Neuregelung des § 309 BGB gilt allerdings nicht für Ausschlussfristen im Tarifvertrag, sondern nur für herkömmliche individuell vereinbarte Ausschlussfristen.

Dies bedeutet, wenn Sie in Ihrem Arbeitsvertrag auf unseren Tarifvertrag verweisen, in welchem bei den Ausschlussfristen eine Schriftform verlangt wird, ist dies unschädlich.

Wenn Sie allerdings einen Arbeitsvertrag ohne Tarifbindung abschließen, darf bei den Ausschlussfristen zur Geltendmachung keine Schriftform verlangt werden. Diese Ausschlussfrist wäre dann insgesamt unwirksam.

Künftig reicht es in diesen Fällen aus, wenn ein Arbeitnehmer per Telefax, E-Mail, SMS oder per WhatsApp seine Ansprüche geltend macht, es sei denn, es kommt die tarifvertragliche Ausschlussfrist zur Anwendung.

Im Mitgliederbereich sind unsere Musterverträge entsprechend aktualisiert.

2. Was ist mit Altverträgen, die abgeändert werden (z.B. Vergütungsänderungen)?

Zu beachten ist, dass Altverträge, das heißt bis zum 30.09.2016 abgeschlossene Arbeitsverträge, auch künftig Ausschlussfristen enthalten dürfen, die dem Arbeitnehmer eine „schriftliche“ Geltendmachung seiner Ansprüche vorschreiben. Die Neuregelung gilt erst für Verträge ab dem 01.10.2016.

Aber es ist nicht ausgeschlossen, dass durch Vertragsänderungen oder -anpassungen Altverträge ihren Charakter als Altvertrag verlieren können.

Es ist derzeit noch offen, inwieweit Änderungen des Aufgabengebiets und/oder der Vergütung dazu führen können, dass der Vertrag als Neuvertrag zu bewerten ist und die vereinbarte Schriftform der Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Altvertrag dadurch unwirksam wird.

Tipp:
a. Wer diesem Problem aus dem Weg gehen will, sollte bei künftigen Vertragsänderungen/-anpassungen gleichzeitig die Regelung über die Ausschlussfristen der neuen Gesetzeslage anpassen und diese Regelung unter Verzicht auf die Schriftform der Geltendmachung von Ansprüchen neu vereinbaren.

b. Im Übrigen empfiehlt sich ansonsten rein vorsorglich bei einer Vertragsänderung/-anpassung die zusätzliche Vereinbarung, dass „alle anderen Vereinbarungen aus dem Anstellungsvertrag vom ….. unberührt bleiben“. Denn dann ist davon auszugehen, dass die Parteien trotz der geänderten Gesetzeslage auch nach dem Inkrafttreten des Gesetztes sich ausdrücklich an den zuvor getroffenen Abreden festhalten lassen wollen.

Rechtsprechung liegt zu diesem Thema bisher noch nicht vor.

3. Wie wirkt sich das Mindestlohngesetz aus?

Das seit dem 1.1.2015 geltende MiLoG verbietet in § 3 MiLoG, den gesetzlichen Mindestlohnanspruch einzuschränken oder auszuschließen.

Eine Ausschlussfrist, bei der die gesetzlichen Mindestlohnansprüche nicht ausgenommen sind, würde aber genau dies tun.
Das BAG lässt in seiner Entscheidung vom 24.8.16, 5 AZR 703/15 offen, ob Ausschlussfristen in Altverträgen (Abschluss vor Inkrafttreten des MiLoG), die den Zusatz, dass die Ausschlussfrist keine gesetzlichen Mindestlohnansprüche erfasst, gar nicht enthalten können, damit unwirksam sind.

Rein vorsorglich empfehlen wir daher, nicht nur bei Neuverträgen , sondern auch bei Altverträgen bei den Ausschlussfristen ausdrücklich den Zusatz zu vereinbaren, ggf. bei Altverträgen durch eine Vertragsergänzung, denn ob es einen Vertrauensschutz für alte Verträge gibt, ist noch offen.

Unsere Musterverträge sind aktualisiert, diese Ergänzung ist enthalten.

FAZIT:

  • Bei einem Neuabschluss von Verträgen dürfen die Ausschlussfristen nicht die Schriftform zur Geltendmachung von Ansprüchen verlangen und es muss klargestellt sein, dass die Ansprüche aus dem Mindestlohngesetz nicht umfasst sind.
  • Wenn also dieser Zusatz zum MiloG bei Ihren individuell vereinbarten Ausschlussfristen (ohne Verweis auf die tariflichen Regelung ) fehlt, empfiehlt es sich in jedem Falle, bei künftigen Vertragsänderungen/-anpassungen die Gelegenheit zu nutzen, die Ausschlussfrist insgesamt unter Verzicht auf die Schriftform der Geltendmachung von Ansprüchen und dem Zusatz, dass die Ausschlussfristen keine Ansprüche aus dem Mindestlohngesetz umfassen, neu zu vereinbaren.
  • Bei den Arbeitsverträgen, die auf den Tarifvertrag verweisen, ist die im Tarifvertrag vereinbarte Schriftform zur Geltendmachung von Ansprüchen nicht schädlich, aber rein vorsorglich empfiehlt es sich auch hier, mittels Vertragsergänzung den Zusatz aufzunehmen, dass gesetzliche Mindestlohnansprüche von der Ausschlussfrist nicht umfasst sind.

Die Vereinbarung der Ausschlussfristen ist regelmäßig zu prüfen und nach der Rechtsprechung zu aktualisieren.

Bitte halten Sie mit uns Rücksprache.

 

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir die männliche Form.
Wir meinen immer alle Geschlechter im Sinne der Gleichbehandlung.